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Telematik-Infrastruktur - ein Dauerproblem

Verantwortlicher Autor: Dieter Kurth Berlin, 30.06.2019, 21:47 Uhr
Presse-Ressort von: Dieter Kurt Bericht 8100x gelesen
... aber jetzt hat der Minister ein Machtwort gesprochen
... aber jetzt hat der Minister ein Machtwort gesprochen  Bild: Riesenberg

Berlin [ENA] Nachdem der Start der effektiven Nutzung der Elektronischen Gesundheitskarte mehrfach verschoben wurde, wird nun "Ernst gemacht". Wer nicht mitmacht, wird bestraft - und das - obwohl es auf den ersten Blick so scheinen mag - in gar nicht mal so geringem Maße. Doch die betroffenen Ärzte wehren sich.

Entsprechend einer Umfrage des Ärzte-Nachrichtendienstes haben bisher ca. 43% der Ärzte den Anschluss an die Telematix-Infrastruktur vollzogen. Die Angaben über die Installation und Inbetriebnahme sind schwankend. Während die eine Hälfte von einer problemlosen Funktionsaufnahme berichtete, wollte es bei der anderen Hälfte irgendwie auf Anhieb nicht so recht funktionieren. Allerdings verläuft der Anschluss nicht so effektiv wie angestrebt. Bei den Verweigerern sträubt sich die Mehrheit aus Überzeugung dagegen. Es wird die Meinung vertreten, dass das TI-System noch unausgereift ist und gegenwärtig Aufwand und Nutzen in keinem gesunden Verhältnis stehen. Notfalls werde man dem mittelbaren Zwang durch Honorarkürzung juristisch begegnen.

Jedoch hat inzwischen die "gematik" auf die wichtigen Fragen zu Sicherheit und Datenschutz Stellung bezogen. In einem Informationsblatt zu Fragen des Datenschutzes und der Haftung wurde klargestellt, dass bei vorschriftsmäßiger Verwendung der Kollektoren, die Haftung des betreffenden Arztes entfällt. Man sehe weder Fehler im Zulassungsprozess noch in der Beurteilung der Sicherheit. Die bestehende Grundkritik, dass die elektronische Gesundheitskarte keinen messbaren Mehrwert bringe - weder für Ärzte noch Patienten - wird ignoriert. Die aktuelle Situation ist jedoch, dass Online-Funktionen mit messbarem Nutzen für Behandler und Versicherte noch nicht eingerichtet wurden.

Immerhin sind seit der Planung mehr als 15 Jahre vergangen. Ständige Terminverschiebungen und Unklarheiten waren nicht gerade dienlich, um die Attraktivität dieses elektronischen Hilfsmittels zu steigern. Digitalisierung ist nicht alles - sie mag vieles erleichtern und beschleunigen - aber wenn der "Faktor Mensch" im Mittelpunkt der Abläufe steht, werden ständig unverhoffte Einflüsse das System verändern und eventuell sogar ausbremsen. Vor allem wird die rasante Entwicklung der Technik nicht kompatibel mit der schleppenden Umsetzung. Fast jede Praxis hat seit Einführung der Technik schon mehrere Generationen von Kartenterminals verschlissen. Dass die Änderungen zu einer Effektivitätssteigerung führten, ist zumindest zu bezweifeln.

Nun obliegt die Gesamthoheit mittlerweile beim Gesundheitsministerium, das 51% der Anteile an der "gematik" erhielt. So steht es auch im Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG). Damit sollte der Gesundheitsminister Jens Spahn alle Hebel in der Hand haben, um die Kosten einzudämmen und die Realisierung einer "elektronischen Gesundheitsakte" bis 2021 durchzusetzen. Hoffentlich wird dabei nicht übersehen, dass in einigen Gebieten unserer Republik die Infrastruktur zum reibungslosen Betrieb nicht optimal ist. Es gibt durchaus noch Gebiete im Lande, wo das Internet nur über WLAN und darüber hinaus noch recht langsam realisierbar ist - aber Verbindungsstabilität ist eine Betriebsvoraussetzung.

Da der Autor den Prozess der eGK seit 2003 aufmerksam verfolgt und feststellen musste, dass bisher weder Qualität noch Termintreue zu verzeichnen waren, darf man an dieser Stelle gespannt sein, wie die Strafandrohungen mit Wirkung vom 1. Juli umgesetzt werden. Es wird holprig werden, das steht fest. Die gesetzlich versicherten Patienten werden davon jedoch nicht viel mitbekommen, denn für sie hat sich seit dem mehr oder minder zufrieden stellenden Projekt "Krankenversichertenkarte" nicht fühlbar etwas geändert. Bleibt zu hoffen, dass hier mit den "Milliarden" nicht so verfahren wird, wie man es von Stuttgart 21 oder dem Flughafen BER schon gewohnt ist. Aber das ist eben nur eine Hoffnung...

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