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"Einzeln sein" Buch von Rüdiger Safranski

Verantwortlicher Autor: Schura Euller Cook Wien , 02.02.2023, 22:07 Uhr
Kommentar: +++ Kunst, Kultur und Musik +++ Bericht 7359x gelesen

Wien [ENA] Das Buch des deutschen Literaturwissenschaftlers Rüdiger Safranski "Einzeln sein - Eine philosophische Herausforderung", obwohl brillant geschrieben, verfehlt es vielleicht deshalb das wichtige Thema Individualität, weil er es zwar in die Größe weltbewegende kultureller Entwicklungen positioniert hat, aber dabei die "Bescheidenheit" aus den Augen verloren hat, die viel mehr das Wesen des Einzel-sein ist.

Denn das Individuum ist im Wesen zuersteinmal vergleichbar mit einem Neugeborenen, dass nur überleben kann, wenn es angenommen und versorgt wird und damit eine erste, zutiefst schicksalhafte, existentielle Erfahrung macht die das Einzeln-sein und die Entwicklung des Lebens überhaupt betrifft. Trotzdem ist es äußerst spannend, wenn Rüdiger Safranski uns in großen Zügen die europäische Geistesgeschichte aufbereitet und in ihr eine gesellschaftliche Entwicklung in Richtung Individualisierung zu entdecken glaubt. Dass er dabei gerade bei Künstlern, Philosophen und Theologen viele Beispiele findet ist verständlich, weil sie oft außergewöhnliche Begabungen haben, die sie zu Erfindern und Erneueren macht.

So sieht Safranski einen neu erwachten Sinn für den Einzelnen in der Renaissance und bei Luther ein Zurückgeworfensein auf sich selbst in seiner Gottessuche. Auch Montaigne sucht die Zuflucht im eigenen Selbst, während Diderot als Einzelner als geselliges Genie bezeichnet wird. Mit Kierkegaard beginnt die Entdeckung der Existenz, die sich bis zu Sartres engagierten Existentialismus fortsetzt, während Thoreau seinen Rückzug als Experiment begreift. Safranski sieht einige auffallende historische Zusammenhänge zwischen dem erneuten Erwachen eines Individualgefühls und den existentialistischen Entwürfen ein Einzelner zu sein als Antwort auf die großen kollektiven Katastrophen des 20.Jahrhunderts und schlägt damit eine Brücke in die Gegenwart.

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